Samstag, 28. September 2013

27.Tag: Von Le Boulou nach Figueras

ICH BIN IN SPANIEN - UND ÜBERN BERG!!!


Was für ein Tag!!! Ich muss ja ehrlich zugeben. Ich habe heute Nacht nicht besonders gut geschlafen, und es waren nicht nur die Mosquitos daran schuld (obwohl es die schnakenintensivste Nacht seit Beuggen war).
Am Morgen, der Blick aus dem Fenster, keine Berge, nur eine graue Wand, Wolken bis ins Tal. Ein gutes Zeichen? Es wird sicher nicht heiß werden.
Gestern Nachmittag war ich noch im Touristenbüro und der junge Mann versicherte mir nicht nur, dass der Radweg tatsächlich  in Spanien weitergeht, sondern druckte mir auch noch eine detailierte Routenbeschreibung bis la Jonquera aus. Schön. Aber warum steht davon kein Wort im "Internetz". Ich bleibe mistrauisch.
Um 8:45 starte ich und  fahre zur Brücke, wo ich gestern das Schild gesehen habe. Es ist immer noch da.
Und zu meiner Überraschung trägt es sogar wieder das magische blaue Quadrat mit den Sternen - und einer 8 im Kreis: das Zeichen für die EuroVelo Route, die von Athen bis Cadíz führen soll.
Also los!
Wie es aussieht, waren meine Bedenken, ich müsste den Aufstieg auf der Nationalstraße machen, mit der Nase knapp über den Auspuffen (Auspuffs? beides klingt komisch!) völlig hinfällig.
Der Radweg ist so gut wie gestern und steigt auf den ersten Kilometern an, aber sehr angenehm. Das erste Dorf ist schnell erreicht. Dann wird die Steigung knackiger. Was für eine Landschaft!!
Zuerst  entlang kleiner, tief eingeschnitter Täler - in der Schweiz würde man das Tobel nennen. Der reinste Dschungel. Und so ist auch die Luftfeuchtigkeit. Ein Glück, dass die Sonne nicht scheint. Und die paar Regentropfen kommen kaum am Boden an. Die Straße bleibt trocken.
Von einer spektakulären Aussicht zur nächsten zuckle ich nach oben. Und dann, der Blick über die Berge!
Die Wolken ziehen nach oben - und es wird noch wärmer. Das zweite "Dorf". An einer Kapelle, ein Dutzend Leute in Sonntagstracht. Eine Frau holt eine Madonna aus dem Kofferraum, - das scheint mir etwas respektlos, - aber ich finde eine Marienprozession kann kein schlechtes Zeichen sein.
Im Dorf wird der Anstieg so steil, dass ich keine Gänge mehr übrig habe. Doch das sind nur 50 Meter, dann kann ich wieder aufsteigen.
Und dann sehe ich auf einmal "Le Perthus" - den Grenzort von französischer Seite unter mir.
Ein Stück weiter, schaue ich auf die Festung Bellegarde (Vauban- der von Besancon und Neu-Breisach, soll hier auch ein paar Tipps gegeben haben).
 Verrückt, wenn man jahrelang mit dem Auto daran vorbei gefahren ist, und nun auf einmal eine völlig neue Perspektive hat.
Hier beginnen Korkeichenwälder. Zuerst noch bewirtschaftete, mit den roten nackten Stämmen. Dann ganze Berghänge schwarz, verbrannt, verkokelt. Ein trauriger Anblick.
Die Strecke ist so abwechslungsreich, dass ich ganz vergesse darauf zu achten, wo und wann ich über die Grenze gekommen bin. Dabei hatte ich doch mein Spanien-T-Shirt am Morgen ganz oben eingepackt, um es für das Grenzübertrittsphoto anzuziehen. Macht nichts, machen wir später.
Spätesten als der Weg grausam schlecht wird, kommt mir der Gedanke: "Kann es sein, dass ich schon in Spanien bin?"
Eine Sandpiste, mit vom Regen ausgewaschenen Querrinnen, hier gibt es kein Halten mehr, ich muss zu Fuß weiter. Hinter dieser Ecke ging es los:
Unten am am Horizont kann man die Autobahn und die Nationalstraße sehen.
Neben der Landschaft, war es heute die absolute Stille über mehrere Stunden, die mich am meisten beeindruckt hat.
So rutsche ich die nächste 2 Kilometer mehr oder weniger nach unten. Runterkommen hatte ich mir lustiger vorgestellt. Zumal der Weg im Niemandsland zwischen Autobahn, Nationalstraße und Schnellbahntrasse einfach in einem Loch endet. Trotz aller Vorsicht rutsche ich rein. Aber nix passiert!!

In La Jonquera, sehe ich das Euroveloschild noch einmal. Ich beschließe, ihm noch eine Chance zu geben. Das war ein Fehler. Von den ersten 10 km in Spanien bin ich mindestens 6 gelaufen.
Es geht ähnlich gruselig hoch, wie ich nach La Jonquera runter gekommen bin. Aber oben angekommen, lässt die Aussicht alle Flucherei der letzten halben Stunde vergessen. Plötzlich wird mitten in der Hochebene, ohne erkennbare Grund der Pfad eine schönes kleines asphaltiertes Sträßchen. In Südamerika hätte ich vermutet, dass hier irgendwo die Jagdhütte des Bürgermeisters oder Ortspolizisten sein muss. Aber doch nicht in Spanien!!
Den nächsten Ort, den ich erreiche, nehme ich zum Anlass, vorerst Abschied von dem EuroVelo Radweg zu nehmen und ein stinknormales Nebensträßchen Richtung Figueras zu nehmen.
Trotz aller Abenteuer auf dem Weg erreiche ich Figueras schon um kurz nach 14:00 - nach etwas mehr als 5 Stunden Fahrt. Das Hotel ist geschlossen, doch kaum habe ich auf  die Klingel gedrückt,kommt ein junger Mann die Straße runter.
Ich bekomme - für 25€- in der Nachbarschaft - ein kleines Appartement, damit ich mein Fahrrad gut unterbringen kann! Wirklich nett. Ich finde, es hat auch wirklich verdient,  mal mit ins Wohnzimmer zu kommen.

 In Figueras will ich mein "In-Spanien-Angekommen-Photo" in meinem roten Espana (ich weiß immer noch nicht wie man die Sonderzeichen findet)T-Shirt machen. Ich trete also frisch geduscht vor die Tür, um mich vor dem Dali Museum zu fotografieren, schaue kurz auf das Haus gegenüber
 

und beschließe: "Keine gute Idee, überhaupt keine gute Idee!!" und gehe schnell zurück in die Wohnung,  um etwas "neutraleres" anzuziehen. 
Ich finde, diese Foto kann auch  als "angekommen" durchgehen, oder?
(das Bier ist perspektisch schamlos verzerrt!!!)
Und nun zum Schluss.
Sicher wird sich der eine oder die andere fragen, wie ich denn so heute "im Berg" ausgesehen habe. Tja, da "haben wir weder Kosten noch Mühen gescheut" und mit hohem technischen Aufwand dieses Foto geschossen:


  Was ich mir merken muss:

 21. Du bist jetzt in einem anderen Land. Und in anderen Ländern herrschen andere Sitten. Essen gibt es von 13:00-16:00, das ist das Mittagessen, und das Abendessen, - vergiss es, da schläfst du schon längst!!!

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